Jung & Young

5. August 2011
Amphitheater Senftenberg

Eine Bühne, zwei Musiker, sieben Gitarren.
Als Thomas Rühmann und Rainer Rohloff die Bühne betraten, konnten wir uns noch nicht so richtig vorstellen, was uns erwarten würde. Ein Konzert mit Songs von Neil Young? Eine Lesung aus dem Essay von Navid Kermani?
Schon nach ein paar Minuten wurde klar, dass es sich um eine gelungene Kombination aus Beidem handelte. Die beiden Akteure verstanden es, die Geschichte Kermanis, in der er die Beziehung zwischen sich selbst, seiner neugeborenen Tochter und Neil Young beschreibt, mit eigenen Anekdoten und musikalischen Einschüben anschaulich zu erzählen.
Die Songs von Neil Young wurden teilweise im Original wiedergegeben oder mit deutschen Texten von Gerhard Gundermann versehen.
Leidenschaftlich und eindrucksvoll interpretierten die beiden Musiker ‚richtige’ und ‚falsche’ Fassungen. Eine Mischung aus lauten und leisen, schnellen und ruhigen Songs. Sanfte Versionen wechselten sich mit dem kraftvollen Klang der E-Gitarren ab. Die Begeisterung für dieses Projekt war den Künstlern deutlich anzumerken.
In gewohnt lebendiger Weise rezitierte Thomas Rühmann Stellen aus Kermanis Buch. Bald war für die Zuschauer jedoch nicht mehr eindeutig nachvollziehbar, ob er nun aus der Sicht Kermanis sprach, oder aus seinem eigenen Leben erzählte. Mit scheinbar spontanen, kritisch-humorvollen Kommentaren mischte sich Rainer Rohloff gelegentlich ein, sodass sich spielerisch eine eigene Dynamik entwickelte. An inhaltlich passenden Stellen boten die Beiden Neil Youngs Songs dar, bei denen Rühmann seine rockige Seite zum Vorschein brachte und Rohloff das Publikum mit seinen grandiosen Gitarrensoli beeindruckte.
Als Zuhörer konnte man spüren, wie intensiv sie sich mit der Musik Neil Youngs auseinander gesetzt haben.
Der Abend war sehr kurzweilig und wir bemerkten kaum, dass doch schon zwei Stunden vergangen waren, bevor die erste der drei Zugaben angestimmt wurde. Diese wurden vom Publikum mit begeistertem Klatschen begleitet und die beiden Musiker hatten noch einmal sichtlich viel Spaß auf der Bühne.
Wir hatten den Eindruck, dass die Zuschauer die Vorstellung sehr genossen hatten, was auch dadurch bestätigt wurde, dass wir anschließend nur positive und zufriedene Stimmen um uns herum vernahmen.
Für uns persönlich war es ein rundum gelungener Abend mit vielen neuen Eindrücken, für die sich die weite Anreise wirklich gelohnt hat.

Nach der Vorstellung hatten wir sogar noch die Gelegenheit, Thomas Rühmann ein paar Fragen zu „Jung & Young“ und zu seiner Arbeit im „Theater am Rand“ zu stellen.


Das Stück „Jung & Young“ ist anders als die meisten anderen Stücke aus Ihrem Repertoire, da hier die Musik viel mehr im Vordergrund steht.
Wie ist die Idee dazu entstanden?


So etwas dauert Jahrzehnte. Ich habe zusammen mit Tobias Morgenstern das Musikalische anhand verschiedener Songs in den Stücken immer mehr ausprobiert. Irgendwann hatte ich das Bedürfnis, das weiterzuentwickeln.
Neil Young habe ich schon mein Leben lang gespielt und irgendwann sagt man dann, ‚jetzt kaufste dir endlich ne E-Gitarre’ und so beginnt wieder etwas Neues.
Wir werden wahrscheinlich ein Bandprojekt daraus machen und wollen dort das noch viel vorhandene tolle Songmaterial verarbeiten.

Wie lange dauert es vom Lesen eines Buches, welches Sie besonders begeistert, bis zur letztendlichen Umsetzung des Stückes?

Das ist jedes Mal unterschiedlich. Dieses Buch zum Beispiel hatte ich zwei Jahre bei mir liegen, bis ich es mir vorgenommen habe.
Oft ist es so, dass man ein Buch liest und nicht sofort etwas daraus macht, sondern es mit der Zeit heranreifen lässt.

Kommt es oft vor, dass ein Stück nach einigen Vorstellungen verändert wird, weil es beim Publikum nicht so ankommt, wie Sie es erwartet haben?

Das kommt durchaus vor, wobei wir das nicht an den Reaktionen der Leute festmachen. Uns ist wichtiger, dass die innere Dramaturgie stimmt.
Wir merken einfach, ob das, was wir persönlich wollen, auch stattfindet. Dabei steht die Wirkung auf das Publikum nicht unbedingt im Vordergrund.

Vor zwei Jahren saßen wir bei der Premiere von „Vom Schnee“ im Publikum. Während der Pause haben einige Zuschauer das Theater verlassen.

Vom Schnee haben wir noch einmal gründlich überarbeitet und haben dann gedacht, jetzt haben wir die Fassung! Doch es kamen immer noch keine Leute und wir mussten das Stück absetzen. „Vom Schnee“ war uns ein Herzensprodukt. Aber es hat nicht funktioniert, so was kann passieren.

Haben sich die Stücke, die schon seit den Anfängen des Theaters am Rand gespielt werden, im Laufe der Jahre weiterentwickelt?

Ja, es ist ganz natürlich, dass sich die Stücke weiterentwickeln. Wenn man sie irgendwann angstfrei spielen kann, geht das eigentlich von alleine.

Spielt es bei der Vorstellung eine Rolle, ob 10 oder 300 Leute im Zuschauerraum sitzen?

Es ist schöner, wenn 300 da sind, aber die Erfahrung vom Theater am Rand ist, dass wir auch vor 10 Leuten spielen und uns das genauso viel bedeutet.
Neulich spielten wir an einem schönen kühlen Sommerabend im großen offenen Theater „Seide“ vor 30 Zuschauern. Diese Atmosphäre erinnerte uns stark an die Anfänge des Theaters.

Gibt es ein Stück, welches Sie besonders gerne spielen?

Momentan spiele ich „Jung & Young“ unheimlich gerne, weil es eben in eine ganz andere Richtung geht. Diese Musik interessiert mich gerade sehr.


© Jeanine, Kathrin und Vanessa, August 2011

 

Interview aus der "Lausitzer Rundschau" vom 5.8.2011